Michèle Kiesewetter
† 25.4.2007 • Heilbronn, Baden-Württemberg
Das Opfer
Michèle Kiesewetter wurde am 10. Oktober 1984 in Neuhaus in Thüringen geboren. Sie wuchs in Oberweißbach auf und begann am 1. März 2003 in Baden-Württemberg eine Ausbildung bei der Polizei, für die sie nach Nufringen zog. Sie betrieb aktiv Crosslauf und Biathlon. Sie wurde am 2. Mai 2007 in Oberweißbach beigesetzt.
Die Tat
Am 25. April 2007 gegen 14 Uhr parkten die beiden Bereitschaftspolizisten, die 22-jährige Michèle Kiesewetter und der 24-jährige Martin A., ihren Streifenwagen auf der Theresienwiese in Heilbronn für eine kleine Pause als sich zwei Täter von hinten dem Fahrzeug näherten und den beiden Opfern jeweils in den Kopf schießten. Den Opfern wurden annschließend ihre Dienstwaffen, Pistolen vom Typ HK P2000, sowie deren Handschellen entwendet. Die am Tatort aufgefundenen Patronenhülsen und Projektilteile zeigten, dass es sich bei den Tatwaffen um zwei Pistolen handelte, einer Tokarew TT-33 und Radom VIS 35. Martin A. lag nach der Tat mehrere Wochen im Koma, überlebte jedoch die Tat. Er trägt bis heute einen Teil des Projektils im Kopf.[^1]
Die Ermittlungen
Am Tatort fand sich zunächst die DNA-Spur einer unbekannten Frau, die an mehr als 40 anderen Tatort in Deutschland und weiteren Nachbarländern gefunden wurde. Ende 2019 stellte sich heraus, dass verunreigte Wattestäbchen bei der Spurensicherung zum Einsatz kamen und dass die DNA von einer an der Verpackung beteiligten Mitarbeiterin stammte.
Am 4. November 2011 wurde im Wohnmobil des NSU in Eisenach die gestohlenen Dienstwaffen gefunden.
Die Hintergründe
Anders als bei den anderen Morden des NSU blieb das Tatmotiv zunächst unbekannt. Aufgrund der Funde der Dienstwaffen von Michèle Kiesewetter und Martin A. gab das Bundeskriminalamt im Dezember 2011 bekannt, dass sie als Motiv von Waffenbeschaffung ausgehen.
Dem gegenüber stehen jedoch zahlreiche Indizien, die auf eine Beziehungstat in rechten Kreisen schließen lassen. So wurde im September 2012 bekannt, dass eine Thüringer Polizistin die andere Neonazis gedeckt und unterstützt hatte Kiesewetter kannte. Des weiteren war sie mit dem Patenonkel Kiesewetters, ebenfalls Polizist, befreundet. Der Patenonkel hatte acht Tage nach der Tat geäußert, dass die Tat im Zusammenhang mit den "Türkenmorden" stehe. Die Polizistin, die die Neonazis deckte, sagte später vor dem Thüringer NSU-Ausschuss aus, dass Männer sie bei sich zu Hause bedroht hätten und ihr rieten sich an "bestimmte Dinge" bezüglich der Tat nicht mehr zu erinnern. Zudem gaben mehrere Zeugen, teilweise mehrere Jahre nach der Tat, unabhängig von einander an, mehrere blutverschmierte Personen gesehen zu haben, die sich fluchtartig von der Theresienwiese entfernen haben.
Zudem wurde durch eine April 2017 veröffentlichte Dokumentation der ARD bekannt, dass an sich an einem Trafohaus in unmittelbarer Nähe zum Tatort ein Graffiti-Schriftzug mit den Buchstaben NSU fand. Im Mai 2017 gab die Bundesanwaltschaft bekannt, keinen Zusammenhang mit dem NSU zu sehen.
Darüber hinaus hat gehörte Michèle Kiesewetter seit 2005 der Bereitschaftspolizei Böblingen, BFE 523, an deren Zugführer, und somit Vorgesetzter Kiesewetters, Mitglied des europäischen "Ku-Klux-Klan" (KKK) Ableger "European White Knights of the Ku-Klux-Klan" (EWKKK) war. Mitglied der EWKKK war zudem der V-Mann Thomas Richter - Deckname "Corelli" - der sich seit mindestens 1995 im Umfeld des NSU-Kerntrios bewegte. Zudem tauchte er auf einer Adressliste auf, die 1998 in einer Garage in Jena gefunden, die vom NSU als Bombenwerkstatt genutzt wurde.